Gesellschaft für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V.

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Haltung von europäischen Landschildkröten

Leitfaden von Dr. Siglinde Fischer

Tel. 06646-1238
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Landschildkröten sind Wildtiere, die Anforderungen an ihre Haltung stellen: Es sollte möglichst so sein wie in ihrer geografischen Heimat.
Und zwar im Hinblick auf ihre Unterbringung und Ernährung. Europäische Landschildkröten sind also keine Haustiere die in der
Wohnung herumlaufen und ständig angefaßt werden, sondern sie gehören prinzipiell nach draußen in ein sonniges Außengehege. Sie werden mit natürlichem Futter ernährt.
Fehler bei Haltung und Fütterung machen sich oft erst nach Jahren bemerkbar und sind nicht mehr wiedergutzumachen. Schildkröten leiden still und sterben langsam, und viele Tierärzte kennen sich mit dem Patient „Schildkröte“ nicht besonders aus.
Hier sind wesentliche Punkte einer guten Schildkrötenhaltung erklärt – damit Sie später einmal Ihr Tier vererben müssen.

 

 

Behältnis / Gehege

Ungefiltertes Sonnenlicht ist für gesundes Wachstum besonders wichtig, deshalb gehören Schildkröten so oft wie möglich raus! Breitrandschildkröten sind noch wärmebedürftiger als Griechische, Maurische oder Steppenschildkröten.

 

Jungtiere bis ca. 10cm Panzerlänge

Unterbringung in einem handelsüblichen Meerschweinchen-Käfig mit den Mindestmaßen 60 x 120 cm. Dieses Behältnis läßt sich im Frühjahr und Herbst bei warmem Wetter leicht zu zweit ins Freie tragen. Das Gitter bietet draußen einen Schutz gegen Katzen, Krähen, etc., bei
Schlechtwettertagen im Haus lassen sich daran Lampen und Strahler fixieren. Stauluft wie in einem Terrarium bildet sich nicht. Im Spot des Wärmestrahlers (auf einen flachen Stein gerichtet) sollte die Temperatur 40°C betragen. Sind die Tiere überwiegend drinnen, ist eine
zusätzliche Bestrahlung mit einer UV-Lampe (z.B. Osram Ultra-vitalux) notwendig. Bei 150W Leistung 2x/Woche für ca. 5-10 Minuten.
Wichtig: In die Plastik-Wanne müssen ca. 10 Drainage-Löcher gebohrt und mit Blumentopf- Scherben abgedeckt werden, um Regenwasser abfließen zu lassen.
Die so präparierte Plastikwanne des Käfigs kann mit Gartenerde, mit ausgestochenen, kräuterreichen Wiesen- oder Rasensoden gestaltet werden. Erika-Stauden bieten „Dickicht“, Rindenstücke und flache Steine Unterschlupf-Möglichkeiten. Als Wasserschale eignet sich
ein Blumenuntersetzer, in den mindestens eine Schildkröte bequem hineinpaßt, und deren Boden mit ein paar flachen, griffigen Steinen ausgelegt ist. So kann sich eine Schildkröte, sollte sie im Wasser auf dem Rücken liegen, wieder umdrehen.
Gehege von Jungschildkröten sollten nur an wenigen Stellen ganz trocken sein. Jungschildkröten brauchen für ein glattes Panzerwachstum außer UV-Strahlung und Calzium Bodenfeuchte!
Etwa nach den Eisheiligen im Mai sollten auch Jungtiere komplett draußen bleiben, um das volle Klimaprogramm draußen abzubekommen, inklusive nächtlicher Temperaturabsenkung, Regen, etc. Schildkröten, die nur bei Temperaturen deutlich über 20 Grad gehalten werden,
sind nicht so robust wie Outdoorler.

 

Größere Tiere...

... werden am besten in einem Außengehege (Südwest-Lage) mit Frühbeet gehalten. Je größer das Gehege, desto besser; mindestens 10qm sollte es für ein Tier schon sein.
Das Gehege ist mit einer blickdichten Umzäunung aus Holz oder aus Steinen eingefaßt, die ein Ausbrechen verhindert – sei es durch darunter Hindurchbuddeln oder Darüberklettern. Schildkröten machen auch „Räuberleiter“!
Gehege sollten sonnenbeschienene Areale, Buschwerk und Schattenplätze besitzen, sowie eine flache Wasserschale. Versuchen Sie, ein Stückchen steppenartige „Mittelmeer- Wildnis“ nachzuempfinden. Steinaufbauten, Rindenstücke, Kräutersoden, etc. eignen sich für’s Gestalten. Der Frühbeet-Kasten befindet sich im Gehege an einer Stelle, die morgens Sonne bekommt. Drinnen kann ein Hüttchen mit einer darunter befindlichen im Boden vergrabenen Erdkiste, etc. stehen, in das sich die Tiere zur Nacht zurückziehen und auch zu Beginn der Winterruhe vergraben. Klar: In eine Seite des Frühbeetkastens ein Loch schneiden, so daß die Tiere bequem rein und raus können.
Idealerweise leben erwachsene Schildkröten mit Ausnahme der Winterruhe ganzjähig draußen. D.h., sie liegen im Spätherbst schon verbuddelt in der Frühbeethüttchen-Kiste und werden vor dem ersten Frost in den Kühlschrank umgebettet (siehe unten). Vom Kühlschrank werden sie etwa Mitte März (wenn sicher ist, daß keine gravierenden Minusgrade mehr zu erwarten sind) wieder in der Frühbeetkiste vergraben. Dort beenden sie die Winterruhe, wenn sie es für richtig halten.
Für Weibchen sollte im Gehege ein Eiablagehügel aus einem Sand-Erde-Gemisch mit Südwest-Ausrichtung angelegt werden. Auch wenn kein Männchen dabei ist, produzieren weibliche Schildkröten Eier und brauchen dafür einen geeigneten Legeort. Sonst droht eine Legenot, die tödlich enden kann.

Eine oder mehrere Landschildkröten?

Da gibt es zwei Lager: Die einen meinen, die Tiere sollten nie einzeln gehalten werden, die anderen meinen, eine Einzelhaltung schade den Schildkröten nicht. Klar ist: Weibliche Schildkröten haben eine Vorrichtung, Sperma bis zu drei Jahre zu speichern. Soetwas ist sicher nicht nötig, wenn sich die Tiere ständig in freier Wildbahn begegnen, spricht also für die Möglichkeit der Einzelhaltung. Andererseits kennen sich Tiere einer Gruppe am Geruch, und Männchen, die jahrelang allein gehalten werden, können eine Paarungswut entwickeln, die sie an Schuhen, Steinen, etc. versuchen auszuleben. Dies spricht dafür, keine dauerhafte Einzelhaltung zumindest von Männchen zu machen.
Für die Gruppenhaltung gilt: Mehrere Weibchen können miteinander und mit einem Männchen (derselben Art) zusammengehalten werden. Mehrere Männchen hingegen nicht, das gibt fast immer „Krieg“. Sollte ein Männchen die Weibchen stundenlang nicht in Ruhe lassen, muß es öfters abgetrennt werden. Es ist bei den Schildkröten wie bei den Menschen: Manche sind aktiver oder unverträglicher, andere sind ruhiger und umgänglicher...

Winterruhe

Europäische Landschildkröten halten eine Winterruhe, die hierzulande je nach Klima/aktuellem Wetter von Ende Oktober bis Ende März dauert. In ihren Ursprungsregionen kann die Winterruhe kürzer sein.
Jungtiere und erwachsene Schildkröten halten etwa gleichlang Winterruhewie die Großen – es gibt auch draußen nicht einen Winter für Babys und einen für alte Tiere.

Geeignete Orte für die Winterruhe:

Ein kalter, feuchter Keller oder ein Kühlschrank. Wichtig ist, daß die Tiere nicht austrocknen (die häufigste Ursache für Todesfälle in der Winterruhe), und daß sie fest schlafen. Deshalb: Luftfeuchtigkeit nicht unter 80%, und Temperatur um 4°C. Die Überwachung mit Hygro- und Thermometer hilft !
Erwachsene Tiere werden, nachdem sie draußen schon geschlafen haben, in ausreichend große Plastik-Boxen gepackt, und zwar zwischen einem Gemisch aus feuchter Erde, Eichen-, Buchenlaub und feuchtem Moos. Wichtig: Die Kiste sollte an den Seiten und auf dem Boden Löcher haben. Muß im Lauf der Winterruhe gesprüht oder etwas gegossen werden, um die Feuchtigkeit zu halten, kann überflüssiges Wasser ablaufen. Die Box kann ruhig mit einem Deckel verschlossen werden. Etwa 1x/Woche den Deckel lüften.
Junge Schildkröten werden im Spätherbst ebenfalls „heruntergefahren“: So wie die Tage kürzer werden und die Temperatur fällt, wird die Beleuchtung reduziert und der Käfig an einen kühlen Platz gestellt. Die Fütterung wird etwa 3 Wochen vor der Winterruhe ganz eingestellt. Um sicherzustellen, daß die Tiere ihren Darm vor der Umsiedlung in die Schlafboxen und in den Kühlschrank entleert haben, werden sie wenige Tage vor dem Schlafengehen lauwarm (gg.f Spotstrahler über das Badebecken klemmen) für 15-30min gebadet – dann kommt der Darm ggf. noch mal in Schwung.

Futter

Es werden keine Unterschiede zwischen der Ernährung von jungen und alten Schildkröten gemacht.
Europäische Landschildkröten sind von Haus aus Vegetarier. Sicher finden sie mal eine Schnecke, einen Wurm oder eine tote Heuschrecke, auf die sie sich stürzen – aber das reicht an „Fleisch“.
Füttern Sie also nie Hackfleisch, Forellen-Pellets, etc. Dieses Futter ist enorm eiweißreich und belastet den Nierenstoffwechsel der Schildkröte stark. Die Folgen: Übermäßiges Panzerwachstum mit Höckerbildung, Gicht-Ablagerungen in den Gelenken, Nierenschäden, die zur Vergrößerung der Nieren führen. Vergrößerte Nieren wiederum drücken auf den Ischiasnerv, was so schmerzhaft ist, daß die Tiere ihre Hinterbeine, nicht mehr zum Laufen einsetzen. Diese Folgen treten oft erst nach etlichen Jahren auf. Fütterungsfehler in der Jugend lassen sich nicht wieder gut machen!
Landschildkröten bekommen also pflanzliches Futter. Aber auch hier ist längst nicht alles geeignet:
Tabu sind prinzipiell (und ganz besonders für wachsende Jungschildkröten) Obst und Gemüse, also keine Gurken, Tomaten, Erdbeeren, etc. Auch wenn sich die Panzertiere drauf stürzen (würden). Denn dieses Futter enthält einerseits zu viel „süßen“ Zucker, zu wenig Ballaststoffe, und häufig ein ungünstiges Verhältnis von Calzium zu Phosphor. Und das wirkt sich ebenfalls negativ auf das Panzer- und allg. das Knochenwachstum aus. Möhren sind eine der wenigen Ausnahmen – sie können (am Stück!) verfüttert werden.
Was kommt also auf den Teller? Denken Sie auch hier: Was frißt eigentlich eine Schildkröte irgendwo auf Korsika, im Balkan oder in Griechenland? Genau:
Wildkräuter aller Art. Frisch im Frühling, später im Sommer/ Herbst auch als Heu, also vertrocknet. Das heißt: Sie sammeln, was Sie auf Wiesen, an Waldrändern, etc. finden: Wegerich, Malve, Löwenzahn, Veilchen, Schafgarbe, Storchschnabel, Disteln, Klee, Wicken, Sauerampfer, Labraut. und, und, und. Nur wenige Pflanzen sind giftig, z.B. Schöllkraut oder Schierling. Besorgen Sie sich ein Bestimmungsbuch für einheimische Kräuter und pirschen Sie los!


Ideal ist, wenn ein Teil des Futters gleich im Gehege wächst. Und in Zeiten des Überflusses läßt sich, in der Sonne auf ein Gitter oder Papier dünn ausgelegt, aus Kräutern Heu für Zeiten machen, wenn draußen kaum noch etwas wächst. Nur völlig trocken in luftdurchlässigen Tüten (Stoffbeutel) aufbewahren. An käuflichem Landschildkrötenfutter sind meiner Meinung
nach nur die Agrops-Pellets geeignet, die aus getrockneten Kräutern bestehen und eingeweicht verfüttert werden (->Bezug z.B. bei www.schildkrötenshop.de)
Zur Deckung des Calzium-Bedarfs legen Sie einfach Sepiaschalen (auch bei www.schildkrötenshop.de beziehbar) ins Gehege, und zwar am Stück. So müssen sich die Tiere etwas anstrengen, ihren Mineralbedarf zu decken und schleifen sich dabei gleichzeitig die Hornscheiden der Kiefer ab.
Bei dieser Ernährung sind zusätzliche Mineral- und Vitaminpräparate überflüssig und richten eher Schaden an, als daß sie nützen! Vor allem Pulver, die über das Futter gestreut werden sind kritisch, weil die Schildkröte nicht selbst dosieren kann, wieviel sie davon aufnimmt.

Wasser

Landschildkröten benötigen alle paar Tage Trinkwasser. Im Gehege steht deshalb, bis zum Rand eingegraben, ein angemessen großer Blumenuntersetzer, dessen Boden mit rauhen flachen Steinen belegt ist. Faustregel: Der Wasserstand sollte nicht höher sein als der Panzerrand im Nacken der Schildkröte. Schildkröten machen gern ihr Geschäft in die Wasserschale. Mindestens dann ist Putzen und frischmachen angesagt.
Und wie sieht’s am Ende aus?
Dunkelgrün-schwarz, fest und wurstförmig. So sieht der Kot einer verdauungstechnisch gesunden Landschildkröte aus. Dazu kommt der Harn, der wie bei Vögeln weiß ist und dickflüssig bis breiig ist.

Krankheiten

Wenn immer Sie den Eindruck haben, Ihre Schildkröte ist teilnahmsloser, inaktiver als normal, sollten Sie zügig einen schildkrötenerfahrenen Tierarzt (s.u.) aufsuchen.
Hier soll nur auf drei wichtige Probleme eingegangen werden: Wachstumsstörungen, Herpesvirus-Infektionen und Erkrankungen der Atemwege:
Wachstumsstörungen des Panzers
Eine gesunde europäische Landschildkröte hat einen glatten, festen Panzer; nur von Jungtieren ist vor allem der Bauchpanzer etwas elastisch. Der Panzer hat, von der Seite gesehen, in etwa die Form einer ovalen Brotscheibe. Höckriges Wachstum der einzelnen Schilde, ein kastenförmiger oder ein platter Panzer deuten vor allem auf Ernährungs- und auch auf Haltungsfehler hin. Beachten Sie die Tipps oben, sollte Ihr Tier gesund wachsen.
Herpesvirus
Seit über 10 Jahren existiert diese unheilbare Viruserkrankung der Landschildkröten. Sie wird von Tier zu Tier übertragen und es kann Tiere geben die gesund aussehen, das Virus aber besitzen und weitergeben können an Tiere, die dann erkranken. Aus diesem Grund gilt:
Nie neu erworbene Tiere zu dem vorhandenen Bestand setzen, ohne mindestens ein Jahr Quarantäne mit den Neuzugängen gemacht zu haben! Alternativ kann ein Bluttest zeigen, ob Tiere mit dem Herpesvirus schon Bekanntschaft gemacht haben.

Atemwegs-Erkrankungen...

... sind oft die Folge von Haltungsfehlern, vor allem zu kalter Haltung. Die Tiere haben feuchte Nasen, Atemgeräusche. In schlimmeren Fällen meiden sie die Wärme (weil sie dann nicht mehr genug Sauerstoff aufnehmen können für den erhöhten Stoffwechsel) oder japsen in Abständen nach Luft; die Augen können entzündet sein. Appetitlosigkeit tritt ein.
Erste Maßnahmen, wenn das Tier noch frißt und außer klar-feuchter Nase keine Verhaltensauffälligkeiten zeigt: Das Tier isolieren, warm setzen und die Haltungsbedingungen im Gehege allgemein entsprechend verbessern. Die Temperaturen für den Patienten sollten tagsüber auf deutlich über 30 Grad klettern, nachts nur geringe Abkühlung. Ist nach 3 Tagen keine Besserung zu sehen: zum Tierarzt.
Ist der Nasenausfluß trüb, ist das Tier sichtbar matt, ringt nach Luft und/oder zeigt kein Interesse am Futter: Sofort ab zum Schildkröten-erfahrenen Tierarzt (der Antibiotika nicht in den Hinterleib injiziert und nicht wahllos Vitaminpräparate spritzt):

 

Empfehlenswerte Tierärzte:

Darmstadt
Martin Kniese
Wilhelm-Glässing-Straße 2
Tel 06151-21112
Mobil: 0170-2475001
Mobil-Telefon: 0170 | 24 75 001


Kelkheim
Tierärztliche Praxis Dr. med. vet. Philipp Krug
Siemensstraße 17
65779 Kelkheim (Münster – Gewerbegebiet)
Telefon: 06195/7257755
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Internet: www.tierarzt-krug.de


Frankfurt
Dr. Ulf Riedel, Tierarzt des Zoos
Grempstraße 28
60487 FFM
Tel: 069-7075521

 

Literatur

Im Internet gibt es empfehlenswerte Websites zur Haltung von europäischen Landschildkröten. Hier eine Auswahl:


www.villa-testudo.de
www.t-hermanni.de
Allg. Schildkrötenhaltung beim DGHT
und hier eine ganze Linksammlung: http://www.testudolinks.de/testudo/freigehege.php